Darf ein Taschenrechner am Steuer bedient werden?
Die Neufassung des Handyparagraphen wirft so manche Frage auf, was alles von dem Verbot tatsächlich erfasst ist. Dass Handys, iPads und selbst Navigationsgeräte betroffen sind, ist geklärt. Doch wie steht es um Taschenrechner? Das OLG Oldenburg klärte dies mit Beschluss vom 25.06.2018 – Az.: 2 Ss (OWi) 175/18.
Was war passiert?
Der betroffene Autofahrer war zu schnell gefahren. Auf dem entsprechenden Blitzerfoto war eindeutig zu erkennen, dass er dabei ein elektronisches Gerät auf Höhe seines Gesichts in der Hand hält. Dies veranlasste die Bußgeldstelle dazu, neben der Geschwindigkeitsüberschreitung auch wegen Verstoßes gegen den Handyparagraphen vorzugehen.
Dagegen ging der Betroffene gerichtlich vor.
Die Entscheidung des Amtsgerichts
Vor dem Amtsgericht (AG) Delmenhorst wurde er jedoch wegen dem vorsätzlichen Halten eines elektronischen Gerätes während der Fahrt in Tateinheit mit Geschwindigkeitsüberschreitung
zu einer Geldbuße von 100 Euro verurteilt.
In der Hauptverhandlung legte der Verteidiger des Betroffenen den fraglichen Taschenrechner vor und das Gericht stellte dazu fest Tatsächlich könnte es sich um dieses Gerät gehandelt haben
, wiegt gleichzeitig im selben Satz jedoch ab wobei sich allerdings die Frage stellt, warum sich der Betroffene diesen Taschenrechner vor das Gesicht hält.
Im Ergebnis kommt das Amtsgericht zu dem Schluss Nach der Neufassung des § 23 Abs. 1 StVO unterliegt auch das Halten und Aufnehmen eines mobilen Flachrechners dem Verbot dieser Vorschrift.
Diese Auffassung teilte der Betroffene nicht und legte Rechtsbeschwerde ein – die im Übrigen sogar die Generalstaatsanwaltschaft zur Fortbildung des materiellen Rechts unterstützt hat.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts
Die Rechtsbeschwerde hinsichtlich des Verstoßes gegen den Handyparagraphen (§ 23 Abs. 1a StVO) hatte Erfolg. Das Gericht stellte dazu fest: Dabei sind Geräte im Sinne des [Handyparagraphen] auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorecorder.
und hob deutlich hervor: Ein Taschenrechner unterfällt dieser Norm nicht.
Vor allem in Grenzfällen sei entscheidend, ob der Betroffene voraussehen könne, ob etwas dem Verbot unterliege. Ein Taschenrechner lässt sich nicht als elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation bzw. der Unterhaltungselektronik oder der Ortsbestimmung dient bzw. dienen soll, bezeichnen.
Schließlich habe der Gesetzgeber von einem vollständigen Verbot aller elektronischen Geräte abgesehen. Die Geschwindigkeitsüberschreitung war von der Rechtsbeschwerde nicht erfasst, so dass sie als Vorwurf verblieb. Wegen des Geschwindigkeitsverstoßes um 13 km/h außerorts wurde die Geldbuße als alleiniger Verstoß daher auf 20 Euro festgesetzt.
Kanzlei Voigt Praxistipp
Wie dieser Fall einmal mehr zeigt, lohnt es sich, nicht jeden Tatvorwurf ungeprüft hinzunehmen. Durch den Wegfall des Handyverstoßes entfiel auch der damit verbundene Punkt in Flensburg. Vor allem wenn dieser das Zünglein an der Waage zum Entzug der Fahrerlaubnis ist, lohnt sich eine genauere Prüfung. Ein erfahrener Rechtsanwalt kann dabei die Erfolgsaussichten im Einzelfall erläutern. Das Team der ETL Kanzlei Voigt steht Ihnen gerne hilfreich zur Seite.