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Welches Schild gilt für welche Fahrspur?

Beschluss des OLG Düsseldorf vom 14.03.2022, Az. 2 RBs 31/22
Welches Schild gilt für welche Fahrspur?
Rechtsprechung
25.07.2022 — zuletzt aktualisiert: 18.07.2024

Welches Schild gilt für welche Fahrspur?

Beschluss des OLG Düsseldorf vom 14.03.2022, Az. 2 RBs 31/22

Ein Autofahrer fuhr außerorts mit ca. 138 km/h auf einer Autobahn, als seine Geschwindigkeit mit einem Riegl FG 21-P gemessen wurde. Das wäre an sich auch kein Problem gewesen. Schließlich ist die Geschwindigkeit auf Autobahnen nach oben hin nicht begrenzt und die bekannten 130 km/h sind nur die derzeit gültige Richtgeschwindigkeit. Problematisch war die Geschwindigkeit deshalb, weil sich an der Messstelle nicht nur zwei Hauptfahrbahnen, sondern auch zwei kombinierte Einfädelungs- und Ausfädelungsstreifen befanden. Zudem waren – zwischen den Schutzplanken des Mittelstreifens der Autobahn sowie gegenüberliegend rechts der drei Fahrstreifen – Verkehrsschilder angebracht, die die Geschwindigkeit auf 80 km/h begrenzten. Nach Abzug der Toleranz war der Autofahrer danach 58 km/h zu schnell.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren verurteilte das Amtsgericht den Autofahrer wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 58 km/h zu einer Geldbuße von 600 Euro. Zudem verhängte es ein Fahrverbot von einem Monat. Gegen dieses Urteil legte der Autofahrer Rechtsbeschwerde ein. Dabei machte er unter anderem geltend, er habe das Verkehrszeichen an der rechten Seite zwar gesehen. Er sei aber davon ausgegangen, dass das Zeichen nicht für seine Fahrspur gegolten habe. Folglich habe er geglaubt mindestens 130 km/h fahren zu dürfen. Vorsatz könne ihm daher nicht vorgeworfen werden.

Im Regelfall gelten Verkehrszeichen für alle Fahrbahnen

Das Gericht statuierte zunächst, dass Verkehrszeichen normalerweise rechts von der Fahrbahn stehen (§ 39 Abs. 2 S. 3 StVO). Ihr Regelungsbereich bezieht sich dabei nicht nur auf den ganz rechten Fahrstreifen, sondern auf sämtliche Spuren, vergleichbar einer quer zur gesamten Fahrbahn verlaufenden Linie (vgl. OLG Düsseldorf Beschl. v. 27.11.1990, Az. 5 Ss (OWi) 384/90 – (OWi) 157/90 I; OLG Köln, Beschl. v. 03.03.1995, Az. Ss 70/95 B). Sollen Verkehrszeichen nur für einzelne Fahrstreifen gelten, sind sie entweder an einer Schilderbrücke über dem entsprechenden Fahrstreifen angebracht (§ 39 Abs. 2 Satz 4 StVO) oder durch eine Fahrstreifentafel eindeutig zugeordnet. Da eine solche Zuordnung in dem zu beurteilenden Sachverhalt fehlte, galt die Geschwindigkeitsbeschränkung daher für alle Fahrspuren der Autobahn und nicht nur für die Ein- und Ausfädelungsstreifen.

Die Wahrnehmung des Verkehrszeichens führte zu Vorsatz!

Die Einlassung des Autofahrers, er habe das rechts stehende Verkehrszeichen wahrgenommen, wertete das Gericht zu seinen Lasten. Die Annahme, das Verkehrszeichen gelte nicht für seine Fahrspur, war lies es nicht gelten. Wie das Gericht erläuterte, kann die unzutreffende rechtliche Auslegung einer optisch richtig wahrgenommenen Verkehrsregelung lediglich einen Verbotsirrtum i.S. von § 11 II OWiG begründen. Ein solcher lässt den Vorsatz aber nur entfallen, wenn eine momentane Unaufmerksamkeit bzw. ein kurzzeitiges Fehlverhalten anzunehmen ist, wie es auch dem sorgfältigen und pflichtbewussten Kraftfahrer unterlaufen kann (BGH, Urt. v. 29.01.2003, Az. IV ZR 173/01; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.01.2017, Az. 3 Ss OWi 50/17). Das Gericht sah daher keine Veranlassung, vom Vorwurf der vorsätzlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit abzuweichen.

Fazit

Geschwindigkeitsbegrenzungen gelten im Zweifel nicht nur für eine, sondern für alle Fahrspuren. Wer sich wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verteidigen muss, sollte dies nicht selbst und auf´s Geratewohl versuchen, sondern erfahrene und fachkundige Hilfe zu Rate ziehen.

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Marc Schroeder
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